Eigenbedarf

Freien, attraktiven Wohnraum zur Eigennutzung zu finden, ist nicht einfach – und gelingt dieses, ist er häufig durch einen unbefristeten Mietvertrag „blockiert“.

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Grundsätzlich kann ein Mietverhältnis nur dann vorzeitig gekündigt werden, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Bei unbefristeten Mietverträgen ist der Eigenbedarf ein solcher Grund.

Wirksamkeit

Eine Eigenbedarfskündigung kann grundsätzlich nur bei unbefristeten Mietverträgen ausgesprochen werden. Das gilt allerdings nur, wenn sie nicht vertraglich ausgeschlossen worden ist. Außerdem muss sie schriftlich erfolgen. Die Person, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird, muss benannt sein und eine nachvollziehbare, ausführliche Begründung für die Kündigung angegeben werden. Ferner muss aus dem Schreiben klar hervorgehen, welche Wohnung betroffen ist und an welchem Tag das Mietverhältnis beendet werden soll. Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind dabei einzuhalten. Weiterhin gilt, dass die Kündigung von allen Vermietern unterschrieben und gegenüber allen Mietern der betroffenen Wohneinheit ausgesprochen werden muss. Ebenso muss das Schreiben einen Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters enthalten (§ 574 BGB). Ist einer dieser Punkte nicht erfüllt, ist die Kündigung schon im Ansatz unwirksam.

Personenkreis

Der Vermieter kann den Eigenbedarf für sich selbst, aber auch für eine mit ihm verwandte Person geltend machen. Dafür muss er die Person benennen und das bestehende Verwandtschaftsverhältnis darlegen. Außerdem kann er auf Eigenbedarf kündigen, wenn eine Haushaltshilfe oder eine Pflegeperson den Wohnraum benötigen. Entscheidend ist, wie eng das persönliche Verhältnis zwischen dem Vermieter und der benannten Person ist und ob dies glaubhaft dargelegt werden kann.

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Neben natürlichen Personen dürfen inzwischen auch Personengesellschaften Eigenbedarfskündigungen aussprechen (Beispiel: GbR kauft eine Wohneinheit und ein Mitglied der GbR macht Eigenbedarf geltend).

Eine Eigenbedarfskündigung für rein gewerbliche Zwecke ist unzulässig (BGH VIII ZR 45/16).

Begründung

Der Vermieter muss dem Mieter den Grund der Kündigung und seine bisherige Wohnsituation ausführlich, nachvollziehbar und nachprüfbar darlegen. Er kann die Begründung nachträglich ergänzen, ändern darf er sie allerdings nicht mehr. Verfügt der Vermieter über mehrere Wohneinheiten, muss er außerdem begründen, warum diese zur Deckung des Eigenbedarfs ungeeignet sind. Steht eine Alternativwohnung zur Verfügung, so muss diese dem Mieter angeboten werden. Beispiele für begründete Eigenbedarfskündigungen sind:

  • Die Aufnahme von pflegebedürftigen Angehörigen oder Pflegepersonal
  • Notwendiger Wohnraumbedarf für enge Angehörige
  • Ein vergrößerter Wohnraumbedarf (Einzug Lebenspartner, Familienzuwachs)
  • Die Trennung vom Lebenspartner / von der Lebenspartnerin (Ehescheidung)
  • Ein kürzerer Anfahrtsweg zur neuen Arbeitsstätte
  • Gesundheitliche Gründe (etwa barrierefreier Wohnbedarf)
  • Persönlicher Vermögensverfall

Wichtig!: Bei einem Eigentümerwechsel kann der neue Eigentümer Eigenbedarf erst dann geltend machen, wenn er im Grundbuch eingetragen ist. Kündigt er vorher, ist die Kündigung unwirksam, auch wenn sie im Übrigen formal richtig ist.

Abwehr der Eigenbedarfskündigung

Mieter können sich bei einer Eigenbedarfskündigung auf Sozialklauseln (Härtefallregelungen) berufen (§ 574 BGB). Dies kann das Freiwerden der Wohneinheit zeitlich verzögern oder unmöglich machen. Beispiele dafür sind ein hohes Alter, Krankheit, Schwangerschaft, Prüfungsphasen oder Suizidgefahr. Den Widerspruch muss der Mieter bis spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich erklären. Des Weiteren kann er auch einen Räumungsrechtsstreit oder einen Zwangsvollstreckungsschutz (§ 765a ZPO) anstrengen.

Sonderfall "Zweifamilienhaus"

Bei einem Wohnhaus mit max. zwei Wohneinheiten (Zweifamilienhaus) von denen eine Wohnung vom Vermieter selbst bewohnt wird, steht dem Vermieter ein erleichtertes Kündigungsrecht zu (§ 573a BGB). Er kann jederzeit ohne Angaben von Gründen kündigen. Die gesetzliche Kündigungsfrist verlängert sich dann um drei Monate. In diesem Fall sollte also der Verkäufer als Vermieter die Kündigung aussprechen.

Sonderfall "umgewandelte Eigentumswohnung"

Wird eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung „umgewandelt“ und anschließend verkauft, gilt eine gesetzliche Speerfrist von drei Jahren. Die Speerfrist beginnt, sobald der neue Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Einige Landesregierungen haben die Sperrfrist in Gebieten, in denen Mietwohnungen besonders knapp sind, auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt.

Aufhebungsvertrag

Signalisiert der Mieter, dass er mit einer vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages einverstanden ist, kann ein Mietaufhebungsvertrag geschlossen werden. Dies ist insbesondere bei langen Kündigungsfristen sinnvoll und auch bei befristeten Mietverträgen zulässig. Als Gegenleistung erhält der Mieter üblicherweise eine entgeltliche Entschädigung vom Vermieter.

Die Gerichte sind durch den Bundesgerichtshof angehalten, die Begründung einer Eigenbedarfskündigung eingehend zu prüfen. Das Gericht muss ermitteln (gegebenenfalls mit Unterstützung von Sachverständigen), welche Konsequenzen ein Umzug für den Mieter nach sich ziehen könnte. Diese sind gegenüber den Interessen des Vermieters abzuwägen (BGH VIII ZR 270/15).

Missbrauch

Den Eigenbedarf nur vorzutäuschen ist keine gute Idee. Kommt dies später ans Licht, kann das mehr als nur schmerzhafte Schadensersatzansprüche auslösen. Der Vermieter könnte sich zusätzlich des Betrugs strafbar gemacht haben.“ Dies gilt auch dann, wenn sich Vermieter und Mieter zuvor geeinigt haben (BGH VIII ZR 99/14). Allerdings muss der Mieter den Rechtsmissbrauch beweisen, ein bloßer Verdacht genügt nicht.

Beispiele für Rechtsmissbrauch sind

  • Überhöhter Wohnraumbedarf des Vermieters
  • Alternativwohnung war vorhanden
  • Treuwidrige Kündigung (Eigenbedarf war vorhersehbar)
  • Eigenbedarf wird nur befristet gefordert
  • Zweckverfehlung (Räume werden anders genutzt als im Kündigungsschreiben angegeben)
  • Vorratskündigung (Vermieter hat mehrere Wohnungen gleichzeitig gekündigt)

Tipp

Eine Eigenbedarfskündigung ist kein Selbstläufer. Vermietete Wohneinheiten erzielen deshalb bis zu 20 % geringere Preise als bezugsfreie Immobilien. Wer eine vermietete Wohneinheit zur Eigennutzung kaufen möchte, sollte sich der rechtlichen Risiken bewusst sein.

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